Erfahrungsbericht: Zwei Tage bei den BIG FAMILY Action Days

Familie | Freeride | Snowpark
23.02.2023
Erstellt von Irene Walser

Mit einem Olympiateilnehmer auf den Berg

Da stehen wir nun also an der Talstation der Eisgratbahn und warten auf unsere Guides. Zwei junge Männer kommen auf uns zu und stellen sich als Simon und Flo vor, Freeski Coaches des ÖSV (Österreichischer Skiverband). Schon allein auf Grund ihrer Klamotten können wir erahnen, dass es sich bei den beiden nicht um klassische Pistenskifahrer handelt. Auch die Twintips – nach hinten aufgebogene Ski – verraten uns, dass die Jungs zur Fraktion der Freestyler gehören.

Aber genau deswegen sind wir ja auch da. Wir wollen mal ausprobieren, wie es sich anfühlt abzuheben und Kunststücke auf Skiern zu fabrizieren. Die wartenden Youngsters kennen sich da schon besser aus als wir Erwachsenen. Sie haben auch gleich Marco Ladner, den Tiroler Freestyle-Profi und Olympiateilnehmer erkannt, der sich zur wartenden Gruppe gesellt hat. Das heißt, jetzt kann das Abenteuer Snowpark also beginnen. Gespannt und voller Vorfreude steigen wir in die Eisgratbahn ein.

 

Big Family Action Days

Fun Slope oder Snowpark? – Wo liegt der Unterschied?

Mit ein paar Schwüngen auf der Piste kommen wir in Fahrt und biegen bald nach rechts ab in eine Art Achterbahn aus Schnee. Durch Steilkurven und über Wellen geht es für die Kinder sowie Erwachsenen durchaus ohne Stopp bergab. Hier ist bereits gute Skibeherrschung gefragt, immer schneller wird man auf der doch schmalen Bahn, wo die Mutigen hinter Flo und Simon Gas geben und in wenigen Kurven auf und davon sind. Mit Parallelschwüngen wird man hier schnell zum „Störobjekt“, zischen doch links und rechts jüngere sowie ältere Skifahrer an mir vorbei. So eine Fun Slope ist der beste und spaßigste Einstieg in trickreiches Skifahren, die kann man in einem Stück durchfahren, und man muss nicht mit größeren Hindernissen rechnen. Wer will kann auch über die Wellen springen und die Stielkurven wie in einem Boarder- oder Ski Cross Parcours oben anfahren. 

Bei der nächsten Abfahrt steuern wir alle Richtung Snowpark. Die beiden Coaches lassen uns aber ohne Aufwärmübungen nicht hinein. Zuerst muss der ganze Körper in Schwung gebracht werden, bevor es über das schmale Gate in neues Terrain geht. Manche der jungen Teilnehmer der BIG FAMILY Action Days haben schon ein wenig Erfahrung mit Boxen und Kickern, für die meisten Eltern ist es allerdings Neuland. Dass sich die „Oldies“ aber bereit erklärt haben mitzumachen, freut die Youngsters. Während sich die Mamas noch etwas zögerlich am Rande des Snowparkes bewegen, kommt bei den Papis schnell der Kampfgeist auf und sie wollen es ihren Kindern nachmachen. Ich will es auch wissen und versuche mich gleich mal an einer Box - einem schmalen Kunststoffblock über den man gleiten kann, wenn man bzw. frau dabei die Skier eng zusammenhält.

Big Family Action Days Gruppenbild

PARKREGELN BEACHTEN IST ESSENZIELL

Gleich zu Beginn dieses BIG FAMILY Park Days lernen wir, dass das Zusammenspiel von mehreren Skifahrern und Snowboardern im Park nur funktionieren kann, wenn alle sich an gewisse Regeln halten. So erklärt uns Flo, dass man immer warten muss, bis die Person vor einem den Sprung sicher gestanden hat und aus der Landezone raus ist, bevor man losfährt. Auch darf man sich – vor allem als Gruppe - nie im Lande- oder Auslaufbereich aufhalten. Flo und Simon weisen uns immer wieder darauf hin. Leider erleben wir auch, wie andere Skifahrer und Snowboarder rücksichtslos durch den Snowpark durchfegen, als sei es eine Fun Slope und so uns und andere gefährden.

Big Family Action Days - Young Rider auf Rail

DIE MUTIGEN KOMMEN HÖHER HINAUS

Es braucht schon etwas Frechheit, um sich an immer höhere Sprünge und auch an Tubes oder Rails heranzuwagen. Luca, Matteo und Jakob waren schon bei den Austria Snowpark Days des ÖSV (Nächster Termin am Stubaier Gletscher: 15.04.2023) mit dabei und sind bereits kleine Profis. Selbst Stürze können sie nicht erschrecken. Lisanne, das einzige Mädchen in der Gruppe, geht es etwas vorsichtiger an, wird dann im Laufe des Tages aber auch immer frecher und traut sich bald mehr.

Nach einer Stärkung im SB am Gamsgarten wird mit den beiden Freeski Coaches nachmittags noch fleißig weiter geübt. Während Luca, Matteo und Jakob mit Coach Simon schon an schwierigeren Tricks arbeiten, mit Unterstützung versuchen, sich auf den Boxen zu drehen und rückwärts zu landen, gehen es Lisanne und die Eltern mit Coach Flo etwas vorsichtiger an, bekommen aber bald auch die Sicherheit, mit etwas mehr Nachdruck beim Absprung ordentlich abzuheben.  

Als dann um 15 Uhr die Shaper (Parkbetreuer) kommen, um den Snowpark zu schließen, damit sie die Kicker und Obstacles für den nächsten Tag wieder in Schuss bringen können, finden es nicht nur die Youngsters schade, dass dieser Park Day so schnell vergangen ist.

Big Family Action Days - Freeride Day

ZWEITER TAG – POWDER DAY

Fahren im freien gelände gehört zu einem Action Days Wochenende natürlich auch dazu.

Am Sonntag begrüßt uns morgens Berg- und Skiführer Patrick an der Talstation der Eisgratbahn. Er ist am Stubaier Gletscher quasi aufgewachsen und verbringt den größten Teil seiner Winter hier seit er ungefähr 10 Jahre alt ist, zuerst als kleiner Rennfahrer bei den Skitrainings, dann als wilder Snowboarder bis ihn die Bergrettung zur Seite nimmt, ihn über die Gefahren abseits der Piste aufklärt und ins Team rekrutiert. Seit 1996 als Skilehrer und seit 2008 als staatlich geprüfter Berg- und Skiführer sowie Chef des Freeride Center Stubai kennt er jeden Stein und jede Gletscherspalte persönlich.

Risikominimierung und Sicherheitsmaßnahmen. Was sagt uns der Lawinenlagebericht?

Vor dem Spaß im Gelände und einem Abstecher über den Pistenrand hinaus, muss man wissen, was man tut. Denn gleich hinter der Pistenmarkierung lauern diverse Gefahren. Also zitiert uns Patrick erst mal in den Selbstversorgerraum am Eisgrat, um uns in Sachen Gefahren, Ausrüstung und Verhaltensmaßnahmen fürs Skifahren und Snowboarden im alpinen Raum aufzuklären.

Wir hören von Patrick die Grundlagen der Lawinenkunde und auch, dass es mittlerweile eine Fülle an Informationen dazu im Internet gibt. Trotzdem gäbe es immer wieder Lawinenunfälle, die nicht hätten sein müssen, wenn die Beteiligten ein paar einfache Regeln beachtet hätten, wie die Gefahrenstufe im Zusammenhang mit Steilheit zu bringen – weil Lawinen eine Neigung brauchen, um abzugehen. Aber das sei eben der Faktor Mensch, der kritisch sei, sagt der erfahrene Bergführer.

Ab ins Gelände – aber mit Köpfchen

Während Patrick über Gefahren und Maßnahmen spricht, merkt man den jungen Teilnehmern an, dass sie lieber Skifahren als quatschen möchten. Die Erwachsenen hingegen stellen kluge Fragen und machen sich Gedanken über ihre Sicherheit und die ihrer Kinder.

Dann aber geht es endlich los. Wir schnallen unsere Ski und Snowboards an, stellen das Verschüttetensuchgerät auf „Senden“ und fahren langsam und einzeln am Bergführer vorbei, der die Funktionstüchtigkeit unserer Geräte prüft. Safety Check nennt sich das und sollte am Beginn jedes Freeride-Tages mit allen Gruppenmitgliedern gemacht werden. An den Powder Department Checkpoints an Eisgrat und Gamsgarten gibt es dafür eine eigene Prüfstation, um sein Gerät selbständig zu testen.

Die erste Fahrt führt neben der Piste einen etwas schmaleren Korridor zwischen hervorschauenden Felsen Richtung Sessellift Fernau. Die wechselnden Schneebedingungen zwischen weichem Pulver und windgepresstem harten, zerfahrenem Schnee sind gar nicht so einfach zu meistern. Hier ist mehr Fahrkönnen als auf einer schön präparierten Piste erforderlich und es braucht auch Kondition. Das merken die Erwachsenen schon vor den Kids, die gleich hinter Patrick locker hinunterschwingen.

 „Gelände fahren ist ja viel anstrengender!“

Janko, 15 Jahre

Vor der Mittagspause gibt es noch zwei längere Geländeabfahrten mit etwas mehr Steilheit. Dann sind alle froh, als Patrick vor dem SB Gamsgarten abschwingt. Die Nudeln sind jetzt dringend notwendig, um wieder Kraft für weitere Runs im Powder Department zu haben.

Event: Big Family Action Days - Verschüttetensuche - Übung

Für den Nachmittag hat sich Patrick einen spielerischen Ansatz für eine Verschüttetensuche überlegt. Die „Schnitzeljagd“ mit dem LVS-(Lawinenverschüttetensuch-)Gerät kommt vor allem bei den Kids gut an. Ihr Ehrgeiz wird entfacht, den simulierten Verschütteten schnellstmöglich zu finden. Patrick fährt immer wieder mit den Ski voraus, versteckt schnell sein LVS-Gerät, und die Teilnehmer versuchen es dann quasi im Vorbeifahren zu finden. Der 13-jährige Sven landet dabei gleich dreimal hintereinander einen Treffer.

„Habt ihr ihn schon oder muss ich helfen?“
Sven, 13 Jahre, ein kleiner Profi bei der Verschüttetensuchübung

Die Erwachsenen lassen den Kindern bei dieser spielerischen Übung gerne den Vorrang, nehmen aber einige Tipps für Suchübungen mit, die sich sogar im eigenen Garten machen lassen.

Nach der Abfahrt durch die „Wilde Grub‘n“ auf der Skiroute Nr. 14 ist dieser Freeride Tag leider auch schon wieder vorbei. Obwohl die Schneebedingungen uns keinen Powder Day beschert haben, so haben wir doch alle – groß wie klein – Gefallen gefunden am Fahren im freien Gelände, weil der Adrenalinpegel höher ist, wenn man nicht genau weiß, was einem hinter dem nächsten Eck erwartet. Wir haben aber auch gelernt, dass man vor allem als Freeride Anfänger, zuerst an Skitechnik und Kondition arbeiten muss und dann am besten mit einem Berg- und Skiführer die ersten Ausflüge über den Pistenrand hinaus unternimmt. Der kennt nicht nur die tollsten Abfahrten, sondern weiß auch was in Punkto Sicherheit zu beachten ist.

Weitere Coaching Events und Big Family Action Days 2024 findet ihr hier.